Etwas über Blaine L Reininger und Tuxedomoon

Der Weg von Tuxedomoon, der Formation aus San Francisco und ihres Gründers Blaine L Reininger verläuft seit annähernd 40 Jahren sehr turbolent.

Paraskinio-Blaine-L-Reininger_tuxedomoon_300Oder: Die Geschichte von einem, der aus dem nirgendwo in Colorado ausbricht und in die Welt zieht. Über San Francisco, London, Rotterdam, Amsterdam, Brüssel, Ancona und viele Orte mehr in Athen landet.

Paraskinio eine griechische TV Sendung hat 2008, den seit geraumer Zeit in Athen lebenden Blaine L Reininger von Tuxedomoon für eine knapp einstündige Doku interviewed.
Schon während ich sie mir ansah, formten sich Erinnerungen an gemeinsam erlebte skurile Konzerte und persönliche Begebenheiten, die ich mit Reininger und seinen teilweise wechselnden Mitstreitern erlebte. Dazu zählen neben Steven Brown, dem Mitgründer von Tuxedomoon, Tom Mega, Billy Curie oder Montana Blue.

blaine-b-w_300Ich habe seinerzeit mein allerstes Interview mit Blaine L Reininger und Steven Brown gemacht. Das war 1992. Viel früher in der ersten Hälfte der 80er Jahre hatten mich bereits Kumpel aus dem Bottroper Jugendtreff, dem legendären Bistro/ Picadilly, zu Konzerten in die Bochumer Zeche geschleppt. Mein erster Kontakt mit der Band.
Das waren strange Abende: Männer in Smokings; ergo Tuxedos, die Silentmovies auf ihre weißen Frackhemden projezierten und die in meinen Ohren sehr, sehr seltsame Musik machten. Mich aber gefangen nahmen, so dass ich den Musikern in der Folgezeit bis heute treu blieb.

Mit Montana Blue in der Zeche

Meinen abgefahrensten Gigs mit Blaine L Reininger erlebte ich, als er die seinerzeit von ihm produzierte Kölner Band Montana Blue in der Zeche Bochum begleitet.

An den Keyboards stand übrigens der Krefelder Jürgen Dahmen, der kurz danach in der Band der Harald Schmidt Show einstieg.
Aus Sicht der Band, war der Gig sicherlich ein Reinfall – keine 50 Zuschauer. Eher sichtlch weniger. Und die wollten natürlich die Songs von Blaine L Reininger und seiner eigenlichen Band Tuxedomoon hören. So wurde aus dem Montana Blue Set ein „Name the next song“ Abend. Die Band spielte sich durch die Musikgeschichte und der jeweils nächste Song wurde reihum von den Musikern auf der Bühne angespielt. Das Publikum und natürlich die anderen Musiker mussten raten, was wohl gemeint sei. Klasse Konzert.

Blaine L Reininger bezeichnet sich in der Doku als klassischen Expat. Ein Exilant in der Traditon von Hemingway, Burroughs, Gertrude Stein und vielen anderen, der schließlich in Griechenland seine Heimat gefunden hat und auch dort immer der „Stranger“ bleiben wird. Insgeheim davon träumend zum jährlichen Familentreffen seiner Sippe zu reisen und sich als der Cousin aus Athen in Europa vorzustellen, der wie viele Männer in der Linie seiner Väter und Vorväter ebenfalls ein Fiedler ist.

Tom Mega & Blaine L Reininger

Neben dem oben bereits erwähnten Interview mit Steven Brown und Reininger, wo die beiden Solisten mit Flügel, Klarinnete und Violine im Rahmen ihrer 100 Years of Music in der Dortmunder Live Station gastierten und Tuxedomoon-Material in einer klassischen Instrumentierung darboten, hatte ich Ende der 90er das Vergnügen Reininger an zwei Tagen persönlich näher Kennenzulernen. Im Essener Broadway-Kino zur Rainer Schiefler Ägide und in einem Duisburger Programmkino auf der Königsallee interpretierten Blaine L  Reininger und Billy Curie von Ultravox gemeinsame Songs.
Höhepunkt dieser beiden Konzerte war jedoch eine typisch Essener Begebenheit. Wahrscheinlich bei beiden Gigs, aber auf jeden Fall beim zweiten Gig Sonntags in Duisburg, kam der mittlerweile verstorbene Me & the Heat Sänger Tom Mega auf die Bühne. Der Rockpoet aus Essen, erzählte dabei die Geschichte, wie er auf dem Rotterdamer Festival „Pandoras Box“, während er auf der Bühne von einem Mann aus dem Publikum angesprochen wurde, der behauptete, die Band spiele „sein Lied“. Wer da auf die Bühne kletterte, war niemand geringeres als Mr. Tuxedomoon himself. Und wie damals in Holland spielten sie den Birthday Song gemeinsam in der Matinee eines Duisburger Kinos. Just an Tom Megas 45. Geburtsag vor vielleicht zwei Handvoll Zuschauern.

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Doch der arme Poet? Den Eindruck vermittelt die Doku stark, vor allem wenn Reininger erklärt, ein Popstar, wie David Bowie zu werden, strebe er schon lange nicht mehr an. Schon enorm, wie Reininger sich im San Francisco der Hippie Ära durch ein Konservatorium Studium auf einer freien Kunsthochschule gearbeitet hat, wo er 1976 Winston Tong und Steven Brown kennenlernte. Im Juni 1977 mündete es in der Gründung der Multimedia-Band Tuxedomoon. Früher Aufnahmen dokumentieren Auftritte mit Andy Warhol, Basquiat oder im Vorprogramm von Joy Division. Vor allem die Konzerte im „The Deaf Club“, einem Taubstummen-Sozialklub in San Francisco (hier würde man Jugendheim sagen und an die Papestraße denken) in dem Punkkonzerte stattfanden, die von der taubstummen Community toleriert wurden, wenn sie nur ihr BUD verkaufen konnten, begründeten den bis heute andauernden Ruf der Band als „Avantgarde“. Dazu kamen in den 80er Jahren in Rotterdam die Auftragsarbeiten für Ballete des Choreografen Maurice Bejart und weitere orchestrale Arbeiten im Ancona.

Die Doku featured Blaine L Reininger in seinem Youtubechannel.

Blaine L Reininger Dokumentation von Paraskinio, Griechenland 2008

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Schon überraschend, wenn man erlebt und gerade weil man die musikalische Biografie auf der Bühne als Zuschauer Jahrzehnte lang miterlebt hat, dass die Musiker von Tuxedomoon auch heute nicht wie andere, die in den 80ern ihre Karriere begannen, nur von den Tantiemen leben können.